Oft stellt man im Tierschutz fest, dass die Tiere mit den schlimmsten Geschichten, dass die mit den meisten Jahren im Tierheim und dass die mit den zahlreichen „Baustellen“ am Ende die sind, welche die größten Spuren im Herzen hinterlassen, wenn sie von dieser Welt gehen.
Spike war genau dafür ein Paradebeispiel. Seine Geschichte begann als Familienhund und führte ihn nach mehreren Beißvorfällen „aus dem Nichts“ schließlich ins Tierheim Berlin. Dort wurde bei Spike eine Epilepsie- und eine Schilddrüsenerkrankung festgestellt. Insgesamt fünf Jahre verbrachte er dort und Vermittlungsversuche scheiterten, weil es nur wenige Stunden nach dem Einzug wieder zu Beißvorfällen kam.
Im Juni 2021 durfte Spike dann zu uns ins Tierheim Velbert ziehen. Während er sich bei Spaziergängen sehr unkompliziert präsentierte, konnte er bei medizinischen Behandlungen auch schonmal sehr unangenehm werden. Im Zwinger zerlegt er seine komplette Einrichtung, so dass schließlich nur noch ein Strohbett überblieb.
Einige Monate nach dem Einzug in unser Tierheim wollten wir der Sache mit den Beißvorfällen unbekannten Ursprungs auf den Grund gehen und so durfte Spike schließlich zu mir (Mandy, Tierpflegerin im Tierheim) ziehen. „Nur für einige Wochen bis wir wissen, warum er zugebissen hat“ waren die Worte, mit denen ich meinen Lebensgefährten dazu brachte Hund Nr.3 in der Wohnung zu akzeptieren. Nur wenige Tage vergingen und Spike zeigte schnell, dass es für ihn viele Gründe gibt seine Zähne einzusetzen. Nicht nur seine epileptischen Anfälle sondern auch das Verteidigen von Futter, Spielzeug, Türen, Jacken und Leinen hatte Spike auf seiner Agenda. Da Spike rund um die Uhr mit einem Maulkorb gesichert war, kam es bei Mensch und Tier zum Glück nie zu Verletzungen.
Insgesamt sechs Monate vergingen bis Spike zum ersten Mal stundenweise „oben ohne“ in der Wohnung war.
Und dann? Dann begann die Verwandlung zu dem Hund, der all die Jahre in Spike geschlummert hatte.
Der Spike, der…
.. Spielzeug und Stöcke liebte (und sie trotzdem wieder her gab)
.. stundenlang mit seinen Hundefreunden toben konnte
.. einen morgens durch das Klopfen des Schwanzes auf den Boden weckte
.. sämtliche Kommandos blind befolgte
.. für jeden Unsinn zu haben war
.. Lieblingssteine sammelte und nervtötend auf diesen herumkaute
.. sich liebend gerne im Gras wälzte
.. zu bellen begann, wenn die Nachbarn ein Loch in die Wand bohrten oder jemand einen Rasenmäher benutzte
.. vom Pizzaboten so geliebt wurde, dass er extra ein Leckerchen für ihn mitbrachte
.. während den Öffnungszeiten grundsätzlich tief schlafend im Weg lag
.. Maulkörbe so gut trug, dass er hätte Model werden sollen
.. für eine Frikadelle sicherlich seinen besten Freund verraten hätte
Gefühlt versuchte Spike alle schönen Erfahrungen, die ihm durch so viele Jahre Tierheim genommen wurden, in der kurzen Zeit bei uns nachzuholen. Das er nochmal zurück in den Zwinger muss, war natürlich keine Option. Und so durfte er zur „Dauerpflege“ bleiben.
Das Spike wohlmöglich kein hohes Alter erreichen würde, war bereits klar, nachdem er körperlich in kurzer Zeit stark abbaute. Doch im Juli 2023 kam die Diagnose Krebs dann doch viel zu plötzlich und es blieben Spike nur noch wenige Tage, die er in vollen Zügen genoß. Er war noch einmal
bei „Oma und Opa“, am Rhein, bei Mc Donalds und wurde von all seinen Hundefreunden besucht.
Spike war ein großartiger Hund, der uns allen noch einmal verdeutlicht hat, wie schnell ein ehemaliger „Problemhund“ zu einem absoluten Traumhund werden kann.
Spike, du hast tausende wunderschöne und glückliche Momente mit uns erlebt, die wir immer in Erinnerung behalten werden. Vielen Dank für Alles. ❤️